Das Leben als Experiment

DAI - Großer Saal

  • Derk Janssen & Prof. Dieter Schulz
  • Emerson, Thoreau und die Idee Amerikas
  • Vortrag

Die Rhetorik amerikanischer Präsidenten, die die Welt in “good guys” und “bad guys” einteilen, verstellt den Blick auf das revolutionäre und gerade heute hochaktuelle Potential der Idee Amerikas. Zu den ersten, die den emanzipatorischen Kern dieser Idee gegen seine Verdinglichung in einer selbstgerechten imperialistischen Ideologie entfalteten, gehörten die “Transzendentalisten” um Ralph Waldo Emerson und Henry David Thoreau.Angesichts der von Materialismus und Expansionismus geprägten, auf die Sicherung des Sklavereisystems und die Eroberung des Westens zielenden Politik der 1840er und 1850er Jahre weigert sich Thoreau, seine Steuern zu zahlen. In diesem später weltweit als Modell aufgegriffenen Akt zivilen Ungehorsams kristallisiert sich eine vor allem von Emerson formulierte Philosophie, die menschliche und insbesondere amerikanische Existenz als einen ständig sich erneuernden Geburtsvorgang, als offenes, durch keine Ideologie zu fixierendes Experiment begreift. Ein solcher Ansatz besa? nicht nur im 19. Jahrhundert erhebliche Sprengkraft, sondern ist geeignet, auch die vermeintlichen Gewissheiten jener ‘wiedergeborenen’ Fundamentalisten hinwegzufegen, die heute in den USA das Sagen haben.